Die heilsame Kraft von Ritualen

Ich erinnere mich so gerne an den letzten Advent. Mein Liebster und ich waren bei unseren Freunden Nicole und Mischa zu Besuch und haben aufgrund von viel Schnee und Eis 10 Tage dort in ihrem Heimathafen verbracht. Vor jedem Essen gab es ein kleines Ritual: Wir hielten uns an den Händen und haben gemeinsam geschwiegen. Eine stille Zeit, in der gefühlt für mich die Zeit auch wirklich still stand. Einfach nur still miteinander sein, gemeinsam atmen, die Hände der anderen fühlen und die gemeinsame Energie wahrnehmen. Ich konnte regelrecht darin versinken – so schön war es.

Ein kleines Ritual, vielleicht dauerte es eine Minute, und doch lag darin so viel mehr.

Der Mensch und Rituale

Rituale begleiten uns Menschen schon seit Jahrtausenden. Schon vor über 100.000 Jahren gab es Opfer- und Bestattungsrituale. Rituale geben uns Halt und Sinn. In der heutigen Zeit spielen Rituale leider kaum noch eine große Rolle, dabei brauchen wir sie gerade in einer Zeit, in der viel Unsicherheit herrscht, umso mehr. Und deshalb möchte ich dich heute an die Kraft der Rituale erinnern und dir zeigen, wie du selbst wieder kleine Rituale in deinen Alltag einbauen kannst. Vielleicht hast du ja selbst ein kleines Ritual, das du täglich oder zu bestimmten Zeiten durchführst.

Mein liebstes und zugleich ganz einfaches Ritual ist das allmorgendliche Anzünden einer Kerze bevor ich mich in Stille hinsetze. Eine Kerze gehört übrigens auch immer auf unseren Esstisch. Bevor wir mit dem Essen beginnen, zünden wir eine Kerze an. Ein kurzes Innehalten und für das Essen danken finde ich ebenfalls wertvoll. In meiner Kindheit wurde vor jedem Essen gebetet. Wenn ich mir vorstelle, daß es in vielen Familien noch nicht einmal mehr eine gemeinsame Mahlzeit gibt. Eine Mahlzeit am Tag zu der sich alle an einem Tisch versammeln – das ist so ein wichtiges Ritual.

Rituale schenken uns Sicherheit und Geborgenheit

Denn Rituale innerhalb einer Gemeinschaft vertiefen das Gefühl von Verbundenheit. Ich gehöre dazu, wir teilen hier etwas, was uns aufeinander einschwingt und einstimmt. Und so vermitteln gemeinsame Rituale Sicherheit und Geborgenheit. Die Sehnsucht nach Geborgenheit ist tief in uns Menschen verankert. Als menschliches Grundbedürfnis entsteht sie aus dem Verlangen nach bedingungsloser und langwährender Liebe. Geborgenheit vermittelt Nähe und Sicherheit und nimmt uns die Angst vor dem Alleinsein. Sicherheit ist somit das innere Zentrum der Geborgenheit, denn wer geborgen sein möchte, muss Sicherheit erfahren, sie ist das allerwichtigste und universelle Merkmal, bei allen Menschen.

Ein Zuhause, in dem wir uns wohlfühlen, Menschen, denen wir vertrauen sind also die Basis, damit wir uns sicher und geborgen fühlen. Auch Rituale können uns helfen, das Gefühl von Geborgenheit mehr zu erfahren. Denn auch Rituale schenken uns Sicherheit und sind daher in jeder Familie und auch im individuellen Alltag ganz wichtig. So ist es nicht verwunderlich, dass Rituale uns helfen, den inneren Stresslevel zu senken. Schon ein simples Ritual wie etwa das Zubereiten einer Tasse Tee oder Kaffee oder das Einlassen eines Bades kann nachweislich Stress reduzieren.

Rituale eröffnen in uns und um uns herum einen heiligen Raum. Wenn ich morgens eine Kerze anzünde ist dies ein besonderer Moment, ein heiliger Moment, denn hiermit eröffne ich ganz bewusst einen Raum, der mich für eine bestimmte vom alltäglichen Geschehen fernhält. Genau diese Bewusstheit macht den Unterschied zu einer Routine aus. Eine Routine verläuft meistens nebenbei, ein Ritual ist eine bewusste und achtsame Entscheidung. Wiederkehrende Rituale geben uns Orientierung und Struktur. Beides sorgt auch hier für Sicherheit.

Rituale in Übergangszeiten

In vielen Kulturen gibt es feste Rituale zu den sogenannten Übergangszeiten, wie z.B. bei einer Geburt, wenn ein Mädchen zur Frau wird oder der Junge zum Mann. Es gibt Rituale bei Krankheit und beim Übergang in ein anderes Leben. Das Feiern und Ehren von diesen wichtigen Übergangszeiten bringt uns immer wieder mit uns selbst in Verbindung. Gleichzeitig erfahren wir, daß wir wichtig sind. Wir werden gesehen und geehrt. Ich bin mir sicher, daß es einen großen Unterschied macht, wenn ein Mädchen mit Beginn der Blutung gemeinsam mit anderen Mädchen in einer Feier in den Kreis der Frauen aufgenommen wird. Du gehörst jetzt zu uns, wir sehen dich und nehmen dich in unsere Mitte auf. Das gibt Stabilität und Orientierung.

Rituale im Jahreslauf

Rituale, die wir im Laufe eines Jahres feiern schenken uns ebenfalls Orientierung. Sie durchbrechen das Einerlei des Alltags und öffnen wiederum einen besonderen Raum. Unsere Feiertage, wie Weihnachten und Ostern schenken uns den Raum für Rituale. Wir können auch den Beginn des Sommers mit einem Ritual feiern. Viele Menschen erinnern sich jetzt wieder an die alten Rituale, die im Jahreskreis gefeiert wurden. Solche Rituale verbinden uns mit Mutter Erde und letztendlich dem ganzen Kosmos. Wir erfahren uns dadurch nicht länger als getrennt, sondern fühlen uns eingebettet in etwas Größeres. So feiern wir am 21. Juni die Sommersonnenwende.

Die Zeit der Sonnenwende ist ähnlich wie die Zeit der Rauhnächte (deren Beginn ja zur Wintersonnenwende ist) bei genauer Betrachtung eine Zeit des Stillstands. Die Sommersonnenwende ist jene Zeit, wo auf der Nordhalbkugel die Sonne den höchsten Punkt erreicht und die Welt innehält.
Diese Pause beschert uns die Möglichkeit, die Dynamik jener Gewohnheiten und Energiemuster zu unterbrechen, die uns nicht länger von Nutzen sind, uns auf neue Intentionen auszurichten und deren Samen zu säen.

Ein Ritual für die Zeit der Sommersonnenwende

Wenn du magst bereite dir für die Sommerzeit einen Sonnenaltar vor. Hier darf alles seinen Platz finden, was du in der Natur findest und was du mit dem Sommer und der Sonne/dem Licht verbindest: Steine, Blumen, Früchte, Muscheln … und selbstverständlich eine Kerze.

Dieser Altar kann auch draußen in deinem Garten errichtet werden. Vielleicht sogar mit einem Steinkreis. Hier kannst du dich immer wieder mit dem Sommer und der Energie der Sonne verbinden – ganz besonders natürlich am Tag der Sommersonnenwende.

Mein liebstes Ritual am Morgen

Beginne deinen Tag in Dankbarkeit

Ein schönes Morgenritual ist es, den Tag in Stille zu beginnen. Zünde eine Kerze an und setze dich auf deinen Lieblingssitz.
Beobachte deinen Atem-
wie er kommt und wie er geht.
Werde still und folge deinem Atem.
Nimm wahr, wie all das von ganz alleine geschieht.
Und mit jedem Einatmen atmest du Stille ein.
Mit jedem Ausatmen sinkdt du ein wenig tiefer in dich hinein.
In dein Herzzentrum in der Mitte deiner Brust.
Lass dir Zeit dabei und komm erstmal ganz in deinem Herzen an.
Wenn du magst, lege deine Hände auf deine Brust.
Und spüre die sanfte fliessende Bewegung deiner Brust.
Alles geschieht ganz von alleine –
ohne Anstrengung.
Alles ist genauso wie es jetzt gerade ist gut.
Wenn du magst, dann stell dir jetzt eine Situation oder eine Person vor, für die du dankbar bist. Es kann auch ein Tier oder ein schöner Moment in der Natur sein.
Wichtig ist, dass du die Dankbarkeit dafür spürst. So richtig spürst.
Spüre, wie sie sich in deinem Herzen ausbreitet.
Vielleicht erst langsam, zaghaft
Und dann immer mehr.
In deinem Tempo, so wie es für angenehm und richtig ist.
Lass dir Zeit dabei
Und fühle deine Dankbarkeit
Lass sie sich immer weiter ausbreiten
Und dann sieh dir aus deinem Herzen voller Dankbarkeit dein Leben an.
Betrachte dein Leben mit Dankbarkeit.
Wofür bist du noch aus vollem Herzen dankbar?

Hier findest du das ganze Ritual von mir gesprochen – einfach anhören und eintauchen. Und wundere dich nicht über den Anfang;-)

Das Ritual kannst du natürlich genauso gut am Abend durchführen.

Sommerleuchten, Ramona WagenerVielleicht kann ich dich mit diesem Beitrag inspirieren, dir dein eigenes kleines oder größeres Ritual zu erstellen und in dein Leben zu integrieren. Probier es gerne aus und du wirst sicherlich auch von der heilsamen Kraft deines Rituals profitieren! Und wenn du magst teile im Kommentar dein Lieblingsritual.

Deine Ramona